
Lesezeit ca. 15 Minuten
Die Sommersonnenwende ist der längste Tag des Jahres – der Moment, an dem die Sonne ihre größte Kraft entfaltet. Sie fällt meist auf den 21. Juni, doch der exakte Zeitpunkt variiert leicht von Jahr zu Jahr, je nach astronomischer Konstellation. In diesem Jahr ist die Sonnenwende genau um 04:42h MESZ am 21.06.2025.
Für viele Kulturen markiert dieser Tag nicht nur ein astronomisches, sondern auch ein spirituelles Hochfest. In spirituellen Traditionen trägt er unterschiedliche Namen: Im Neodruidentum heißt das Fest Alban Hefin („Licht des Sommers“), im neopaganen Jahreskreis ist es als Litha bekannt. Im Volksglauben wird es oft mit dem christlichen Johannistag verbunden.


Die uralte Bedeutung der Sommersonnenwende
Seit Urzeiten werden die Sonnwenden als besondere Zeit im Jahr betrachtet. Eine Zeit, in der das Resonanzfeld mit der Kraft des Lichtes – mit der Quelle des Lebens – intensiv war.
Belege aus der alten Zeit und der monumentalen Wichtigkeit dieser Feste sind zum Beispiel Stonehenge und Woodhenge.
Stonehenge zählt zu den eindrucksvollsten steinzeitlichen Monumenten Europas – eine Anlage, deren Ausrichtung die Sonnenwenden mit verblüffender Präzision markiert.

Auf der anderen Seite des Atlantiks zeigt die hölzerne Kreisstruktur von Woodhenge bei Cahokia, Illinois, dass auch indigene Kulturen Nordamerikas über beeindruckende Himmelsbeobachtung verfügten.
Woodhenge wurde nach dem britischen Stonehenge benannt – wegen der ähnlichen Funktion als Sonnenobservatorium.
Cahokia war zwischen ca. 1050 und 1350 n. Chr. das Zentrum der sogenannten Mississippian Culture – einer komplexen, stadtähnlichen indigenen Gesellschaft mit monumentaler Architektur.
Mit mehr als 100 Erdhügeln, darunter der gewaltige Monks Mound, war Cahokia zur Blütezeit größer als London.
Die Woodhenge-Strukturen wurden zwischen etwa 1100–1200 n. Chr. errichtet. Archäologen entdeckten 5 konzentrische Kreis-Anlagen aus hölzernen Pfosten, deren Ausrichtung mit Sonnenaufgängen zur Wintersonnenwende, Sommersonnenwende und Herbst-/Frühjahrs-Tagundnachtgleiche korrespondiert.
Die größte der 4 bekannten Anlagen hatte 72 Pfosten mit etwa 122 m Durchmesser. Ein riesiger Kalender.

Aus der Bronzezeit ist die Himmelsscheibe von Nebra ein Relikt, das die Sonnenwenden und die Tagundnachtgleichen anzeigt. Ihr Alter wird auf 3700 bis 4100 Jahre geschätzt.

Bedeutung im Jahreskreis
Die Sommersonnwende markiert das astronomische Jahresmittel – den Höhepunkt der Sonnenkraft. Sie bildete historisch gesehen einen Wendepunkt im keltischen Jahresrad.
Die Sommersonnenwende symbolisiert im landwirtschaftlichen Kontext den Zeitpunkt, in dem Wachstum in Reife übergeht.
Sie ist ein Feuerfest. Schon in den alten Traditionen wurden große Feuer angezündet.

Feuerkraft und Fruchtbarkeit
Warum die großen Feuer?
Feuer galt seit jeher als Mittler zwischen Himmel und Erde – ein lebendiger Ausdruck der Sonnenkraft. In vielen Kulturen glaubte man, durch das Entzünden von Feuern die Sonne zu ehren und ihre Energie auf die Erde zurückzuholen. Besonders eindrücklich war dies bei den Azteken, die glaubten, die Sonne kämpfe nachts gegen die Dunkelheit – und durch Opfergaben unterstützt werden müsse.
Die Sonnwendzeit ist – ähnlich wie die Wintersonnwendzeit mit den Raunächten – nicht nur auf einen Tag begrenzt. Es ist ein Zeitraum von 12 Tagen, der seinen Höhepunkt am astronomischen Ereignistag – um den 21. Juni herum – erfährt.
Schon Tage – manchmal Wochen – vor der Sonnenwende sammelten und schichteten meistens die jungen Burschen einer Gemeinschaft das Holz für das Sonnwendfeuer. Und manchmal wurde das Holz auch im Dorf mit einem Bittvers erbeten. So zum Beispiel in Kärnten, wo der Vers bekannt ist:
Der Hl. Veitl tat bitten um an Scheitl.
Das Sonnwendfeuer wurde abends entfacht. Wenn die Sonne am Horizont verschwand. In dieser Zeit wurden in allen Haushalten die Herdfeuer gelöscht.
Mit der Glut des Sonnwendfeuers wurden sie am nächsten Morgen neu entfacht. Das erneuerte Feuer stand für den Neuanfang in der Gemeinschaft.
Den großen Sonnwendfeuern wurde das Alte, das Unnütze übergeben. Man verbrannte da beispielsweise Totenbretter oder Kleidung kranker Kinder. Nicht etwa zur Müllverbrennung sondern für das Vernichten des Unheils, damit Heilung geschehen kann.
Das Sonnwendfeuer galt als heilsam. Gut für die Augen, wenn man in die Flammen schaute, gut für die Felder, wenn der Rauch darüber hinweg zog. Die Asche hat man in die Felder oder Gärten ausgebracht für die Fruchtbarkeit und gegen Schädlingsbefall.

Tanz und Ekstase
In Lettland heißt es, dass man in der Johanninacht nicht schlafen darf, sonst sei man das ganze Jahr über müde.
Man tanzte vielerorts um das Feuer. Mal im Reigen in bestimmten Schrittfolgen, mal sind es kreisende Tänze, in der sich die einzelnen Tänzer solange um die eigene Achse drehen bis sie taumelnd umfallen.
Nach alten Überlieferungen tanzte man nackt bis auf einen Kräutergürtel aus heiligen Kräutern wie Beifuß, Eisenkraut oder Bärlapp, den man um die Hüften gebunden hatte. Keine Kleidung, keine Normen, keine Konventionen – nur der nackte Mensch im Einklang mit den Elementen. Eine Rückkehr zur puren Verbindung mit der Natur, frei von gesellschaftlichen Hüllen.
Zum Schluss wurde über das kleiner gewordene Feuer gesprungen oder über die Glut. Dieser Sprung galt als reinigend und erneuernd. Alle kleinen Dämonen und Teufelchen, die sich in der Aura angesammelt hatten, würden die Hitze nicht überstehen und abfallen oder verglühen.

Der Heilige Veit – Schwellenheiliger und Pilzpatron
Der 15. Juni, der Gedenktag des Heiligen Vitus (Veit), leitet den zwölfnächtigen Sonnenwendzeitraum ein. Vitus war ein frühchristlicher Märtyrer und gehört zu den 14 Nothelfern. Volksweisheiten sagen:
Nach St. Veit wendet sich die Zeit oder
Ist zu Sankt Veit der Himmel klar, dann gibt’s gewiss ein gutes Jahr.
Regen am St. Vitustag, die Gerste nicht vertragen mag.
Der Veitstanz (Chorea sancti Viti) bezeichnete eine mittelalterliche psychische Epidemie: Massentänze bis zur Erschöpfung.
Die Betroffenen verspürten bei dieser psychischen Epidemie den Drang, einen Reigen zu bilden und ununterbrochen zu tanzen, bis sie sich völlig verausgabt hatten. Ursächlich diskutiert wurden Ekstase, kollektive Trance – und möglicherweise der Einfluss halluzinogener Pilze.

Kräuterbiere und Zauberpilze
Die psychogenen und halluzinogenen Eigenschaften diverser Pflanzen und Pilze haben sich die Naturvölker vieler Kulturen zunutze gemacht. Für Rituale, für Heilung, für Erkenntnis, für das Verbinden mit den Geisterwelten und vielem mehr.
Es ist durchaus denkbar, dass sich die Feiernden zur Mittsommerzeit nicht nur dem ekstatischen Tanz hingaben, sondern auch berauschende Grutbiere oder pilzhaltige Zubereitungen nutzten, um die Schwelle zwischen den Welten zu durchschreiten. Grutbiere sind Kräuterbiere. Hopfen wurde erst viel später für die Bierbrauerei eingeführt. Die Kräuterbiere wurden vermutlich aus Gagelstrauch, Sumpfporst, Gundermann und eventuell Eschenblättern gebraut. Falls Bilsenkraut verarbeitet wurde, gab es eine etwas andere Rauschwirkung.
Wenn es an Vitus regnet, dann regnet es Pilze
Diese alte Bauernregel bringt den Heiligen Vitus, die Zeit der Sommersonnenwende mit den Pilzen in Verbindung.
Es gibt einige wenige Pilze, die zur Mittsommerzeit wachsen und halluzinogene Wirkungen erzeugen. Vorsicht ist geboten, weil die Verwechslungsgefahr mit tödlich giftigen Pilzen besteht. Ein bekannter „Zauberpilz“, der ausreichend Psylobicin besitzt, um eine Andersweltreise anzutreten ist in unseren Breiten eher erst ab dem Spätsommer anzutreffen und seltener im Mittsommer. Aber wer weiß schon wirklich, wie es im Klima alter Zeiten war?
Der magic mushroom oder Zauberpilz oder Psilo, wie er noch genannt wird, ist bereits auf steinzeitlichen Felsritzungen im schamanischen Kontext in der Lombardei und in Nordafrika abgebildet.
Zur Mittsommerzeit wuchsen eher leicht halluzinogen wirkende Pilze wie der halbkugelige Täuschling oder der Glockendüngerling.
Der Heilige Veit ist Schutzpatron vieler Orte in Deutschland, Italien, Kroatien und auch Schutzheiliger der Jugendlichen und Epileptiker, der Gastwirte, Apotheker, Winzer, Tänzer, Schauspieler, Bierbrauer, Küfer, Bergleute, Kupferschmiede und Landsknechte; der Stummen und Tauben; der Haustiere;
Ihn anzurufen sollte schützen vor Unwetter, Blitz und Feuersgefahr, vor Unfruchtbarkeit.
Bei den Slawen ist der Hl. Veit auch Schutzpatron der Pilze. So sollen ihm gute Kobolde zur Seite stehen, um das Wachstum der Pilze zu fördern.
Hinweis zur Verantwortung mit Pilzen und Ritualpflanzen
Die im Artikel genannten Pflanzen und Pilze dienen ausschließlich der kulturhistorischen, spirituellen und volkskundlichen Einordnung.
Sie stellen keine Empfehlung zur Einnahme, Verarbeitung oder Anwendung dar.
Viele sogenannte Zauber- oder Ritualpilze unterliegen in Deutschland dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) oder können bei unsachgemäßem Gebrauch zu gesundheitlichen Schäden führen. Auch bei vermeintlich „harmlosen“ Arten besteht Verwechslungsgefahr mit stark giftigen Pilzen.
Bitte beachte:
👉 Dieser Artikel ersetzt keine medizinische, therapeutische oder rechtliche Beratung.
👉 Der achtsame Umgang mit der Natur schließt Wissen, Respekt und Verantwortung mit ein.

Der Heilige Johannes – ein Lichtbote zur Sonnenwende
Am 24. Juni wird der Geburtstag Johannes des Täufers gefeiert – exakt sechs Monate vor dem Geburtsfest Christi.
In vielen kirchlichen Deutungen steht Johannes für das abnehmende Licht, Christus für das zunehmende. Sein Ausspruch „Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen“ (Joh 3,30) wird oft mit der Sonnenwende in Verbindung gebracht: Nach der Sommersonnenwende beginnt der Weg zurück ins Dunkel – eine Einladung zur inneren Reifung.
Das Johannisfeuer wurde daher als Symbol des geistigen Lichtes gedeutet: Läuterung, Wandlung, Neuorientierung. Viele der alten Sonnenwend-Rituale wurden in dieses Fest aufgenommen – das Feuer, die Kräuter, das Wachhalten in der Johannisnacht.

Johannikräuter und Pflanzenmagie
Die Sommersonnenwende ist eine der wichtigen Zeiten zum Sammeln von Heilkräutern.
Die Johannikräuter sollen gegen Blitz und Feuer, gegen Teufel und Hexen, gegen das Böse und Unheil schützen. Sie wurden in Haus und Stall aufgehängt und/oder es wurde mit ihnen geräuchert.
9 Johannikräuter
In manchen alten Kräuterbüchern ist von 99 heiligen Pflanzen die Rede – doch vermutlich diente diese Zahl eher der mystischen Aufladung: Die Neun als magische Zahl der Fülle durch die Wiederholung verstärkt. Dass wirklich 99 Kräuter gesammelt wurden ist nicht belegt.
Welche Kräuter zu den 9 wichtigsten Johannikräutern zählten ist regional unterschiedlich. Im Prinzip sind alle Kräuter, die zur Sommersonnenwende blühen Johannikräuter. Und das sind jede Menge.
Hier eine Auswahl von 9 Kräutern:
- Natürlich gehört die Sonnwendblume dazu. Bekannt unter den Namen Johanniskraut oder Hartheu.
- Arnika
- Beifuß
- Gundermann
- Bärlapp
- Mädesuß
- Margerite
- Ringelblume
- Wilder Thymian
Und dann gibt es da noch den Teufelsabbiss. Hast Du davon schon gehört?
Das ist eine sehr alte Heilpflanze aus der Gattung der Kardengewächse. Die Wurzel stirbt am unteren Ende im Herbst ab und sieht dann aus, als wurde ein Stück abgebissen.
Die Legende besagte, dass der Teufel höchstpersönlich die Wurzel in der Mitternachtsstunde am Johannitag abbeisst, weil er über ihre Heilkräfte so empört sei. Daher musste diese Pflanze noch vor dem Johannitag geerntet werden.

Rituale zur Sommersonnenwende
Jahreskreisfeste wie die Sommersonnenwende spiegeln ein tiefes Zusammenspiel zwischen Naturzyklen und kollektivem Unbewusstem – wie es z. B. Storl beschreibt. (vgl. Storl, 2024)
In einer Zeit, die aus dem Gleichgewicht geraten scheint, laden uns solche Schwellenzeiten dazu ein, uns wieder bewusst mit der Quelle allen Lebens zu verbinden.
In einer Zeit, wie der jetzigen, in der so vieles aus den Fugen zu geraten scheint, ist die Rückbesinnung zur wesentlichen Urkraft des Seins – zur Natur – zu Mutter Gaia selbst mindestens aus energetischer und spiritueller Sicht absolut not wendig (im Sinne von: die Not wenden). Vielleicht sogar überlebenswichtig.
Die Sommersonnenwende steht symbolisch für Energie, Kraft, Leidenschaft und Erneuerung.
Die Natur steht in voller Blütenpracht. Wachstum und Vitalität haben einen Zenit erreicht und alles, was in Bezug auf die persönliche Transformation, auf Wachstum und Potenzialentfaltung ausgerichtet ist, kann in dieser Zeit besonders gut durch unterstützende Rituale gefördert werden.
Sonnenwend-Kräuterbüschel
Mache Dir einen kleinen Kräuterbüschel. Vielleicht in einem kleinen Stoffsäckchen. Sammle Gundermann, Eisenkraut, Lavendel und/oder weitere der oben genannten Kräuter. Trage diese Kräuter am Sonnwendtag mit Dir. Reflektiere über alles, was Du loslassen möchtest, was Dich belastet hat. Und übergib alle negativen Energien aus Deinem Aurafeld, aus Deinen Emotionen und Gedanken an diese heilsamen Kräuter.
Und diesen Kräuterbüschel übergibst Du dann in der Nacht dem Sonnwendfeuer, auf das alles Negative aus Deinem Leben mit der Kraft der Kräuter und des Feuers transformiert werde.
Affirmation Licht in mir
Zünde in der Nacht zum 21. oder 24. Juni eine einzelne Kerze an. Sprich laut oder innerlich:
Wie das Licht am Himmel nun seinen höchsten Punkt erreicht, so erkenne ich mein eigenes inneres Leuchten.
Ich ehre meine Kraft, meine Reife, mein Gewachsen-Sein. Und ich nehme an, was jetzt reift und vollendet werden will.
Lass die Kerze sicher brennen, während Du schreibst, reflektierst, tanzt oder still bist.
Johannikränzchen flechten
Sammle blühende Sommerkräuter und winde daraus einen Kranz.
Trage ihn bei Deiner Sommersonnenwendfeier oder lege ihn aufs Fensterbrett. Später kann er getrocknet als Schutz- oder Räucherwerk dienen.

Einladung, Dich zu verbinden
In einer Welt, die sich immer schneller dreht, lädt uns die Sommersonnenwende ein, still zu stehen – am Zenit des Lichts.
Sie erinnert uns daran, dass jede Kraft ihren Höhepunkt kennt – und dass in diesem Höhepunkt bereits das nächste Werden schlummert.
Vielleicht ist genau jetzt der Moment, Dein Licht zu feiern.
Deine Kraft zu würdigen.
Und Dich – in all Deiner Blüte – bewusst mit der lebendigen Erde zu verbinden.
🌸
Gesegnete Sonnenwende
Claudia

Zum Weiterlesen:
Licht, Wandel und innere Prozesse:
Vielleicht interessiert Dich auch, welche energetischen Wandlungsprozesse derzeit viele Menschen bewegen – und wie Du Dich dabei selbst gut begleiten kannst:
◈ Aufstiegssymptome – Einflüsse der energetischen Evolution auf unser Wohlbefinden
Oder das Thema Naturspirituailität und Jahreskreis. Dazu gibt es auf diesem Blog auch schon ein paar Artikel wie beispielsweise:
oder
◈ Imbolc und die Energie der neuen Zeit
oder zu Samhain
Quellen:
Wolf-Dieter-Storl: Die Magie der Sonnenwenden, GU-Verlag 1. Auflage 2024
https://www.heiligenlexikon.de/BiographienV/Vitus_Veit.htm
https://www.der-steirische-brauch.at/post/heiliger-veit-15-juni-1
Alle Quellenlinks zuletzt abgerufen im Juni 2025
Bilder:
Titel- & Beitragsbild: Feuertanz: Thomas Kelley, unsplash.com
Stonehenge: Jacob Amsun, unsplash.com
Woodhenge, DCRM-Dorego, unsplash
Himmelsscheibe von Nebra: WFS-Berlin, cc0, Wikipedia
0 Kommentare